Was Jan Hofer, Seiltänzer und Clownsnasen mit meiner Bitte um Deine Nachdenkung zu tun haben. Unbedingt mitdenken – hat direkt mit dem Ernst des Lebens zu tun.
Heute habe ich wieder ein Video gemacht. Auf Facebook. Und es ist total anders geworden. Du findest es hier (Video vom 23. Juli 2020). Im Laufe des Tages hat sich eine liebe Freundin an mich gewandt und etwas gezeigt, was leider extrem selten geworden ist: MUT. Sie ist eine bekannte Fernsehmoderatorin und weiß, wovon sie spricht.
Weil Du in einer Kunstfigur nicht spürbar bist
Sie mag alle meine Videos. Auch die durchgeknallten mit der roten Nase. Und doch merkt sie an: „Wenn es um den Tod geht, will ich Dich spüren in Deinen Videos. Sicher darfst Du sein wie Du bist, und der Clown steckt in Dir. Wenn man Dich jedoch nicht kennt, findet man keine Verbindung zu Dir. Und dann ist schräger Humor in Bezug auf den Tod womöglich sogar befremdlich.“
Und genau das will ich ja nicht: Befremdlichen Humor in so einem Thema. Dazu muss man mich kennen, damit man weiß, wie ich es meine. Wie jedoch soll man mich kennen, wenn man mich nicht spürt?
Sie hat Recht. Mein Anliegen ist es, dieses hochsensible Thema aus der Verdrängung zu befreien. Dich zu berühren und mitzunehmen in eine andere Denk-Möglichkeit. Eine womöglich positivere, kraftvollere und mutigere. Liebende. Spürst Du mich nicht, gehst Du mit mir nicht auf diese Reise.
Weil ein Extrem leicht das andere fordert
Ich brachte die Nase nicht, weil ich glaube, sonst nichts zu sagen zu haben. Ich brachte die Nase nicht, um als Clown berühmt zu werden. Es hat diesen Grund: Ich habe mich, wie Du ja weißt, in den letzten 30 Jahren intensiv mit dem Tod beschäftigt. Die letzten Jahre besonders.
Und wenn du umgeben bist von derart viel Schmerz, Erschütterung, Trauer, angefangen von der toten 16jährigen Schülerin bis zu all den Menschen, die sich das Leben nahmen, dann ändert sich deine Perspektive vom Leben. Alles wird unmittelbarer, direkter, heutiger. Und, in meinem Fall: Die Freude am Blödsinn wächst. Und treibt dann leicht solche Blüten, dass ich nur noch die Nase lebe.
Wird der Seiltänzer starr, fällt er runter
Ich ging also gepflegt vom einen Extrem in das andere. Wie so viele meiner KlientInnen und FreundInnen. Hardcore Arbeiten, den Ernst des Lebens im Fokus, oder nur noch Schwachsinn machen, weil ja ohnehin alles egal ist.
Und da denke ich dann immer an SeiltänzerInnen: Selbst wenn sie gerade -scheinbar- still stehen auf dem Seil, führen sie immer Mikro-Bewegungen zum Ausgleich aus. Täten sie es nicht, wäre ihr Sturz sicher.
Die Balance der Seiltänzer ist also ihre Bewegung. Ausgleich. Nicht starr sein, sondern bewegt sein. Bewegung ist Leben.
Wenn ich also nicht wirklich spürbar bin, kann ich auch keine wertvollen Kontakte erwarten. Die Menschen die mir begegnen, brauchen für ihr ICH mein DU. Sonst ist wirkliche Begegnung nicht möglich.
Ich muss nicht Jan Hofer werden, wenn ich Videos drehen will
Ich schätze Jan Hofer als Nachrichtensprecher sehr. Das meine ich ernst. Er ist betont ruhig, enorm seriös und klar. Perfekt für diese Aufgabe.
Als die Freundin sagte, ich möge seriöser werden, bekam ich tatsächlich Panik: So brillant seriös wie Jan Hofer zu sein, schaffe ich aber nicht.
Und genau da erinnere ich mich an den Seiltänzer: Wer sagt, dass ich in das andere Extrem muss? Von Blödsinn zum Nachrichtensprecher? Davon war nie die Rede.
Let your pendulum swing
Ich lasse nun mein Pendel schwingen, bis es sich an der richtigen Stelle einschwingt. Vom Tod zum Blödsinn an eine Stelle die die Balance herstellt zwischen Tod und Blödsinn. Bis der Humor feinsinniger wird und nicht im Vordergrund steht. Er muss nicht weg, ich will ja wie die Seiltänzer Mikro-Bewegungen machen. Und nicht an der neuen Position wieder starr sein – denn dann stürze ich erneut vom Seil.
Vielleicht ist das die Kunst des Lebens: Balance herzustellen zwischen den Extremen.
In neuer Balance,
alles Liebe Dir, Georg
P.S.: Ich mache es jetzt wie jene, die nur unter der Dusche singen dürfen. Ich gehe jetzt mit der Nase duschen, mal sehen, was rauskommt…